Die Objekte werden von einem Blick geformt, der Bildschirme und Kameras kennt, der bewegte wie abstrahierte Bilder einordnen kann. Das geschulte Auge kann die Symbole der Außenwelt in amorphe Körper verwandeln, dass Vieldeutigkeit in einzelnen konkreten Objekten vereint und unsere Sehgewohnheiten herausfordert. Denise Werths Arbeiten sind nicht nur aus einer Perspektive zu betrachten, sondern müssen physisch be- und umgangen werden. So wie die verschiedenen Ausformungen der Materialien in verschiedene Richtungen weisen, so müssen wir mit vielen Augen zurückblicken. Nicht nur die positiven Körper weisen Bedeutung auf, sondern auch die Ausschnitte, Konturen und Negativräume. Werden Denise Werths Arbeiten in einem Raum platziert, so reagiert auch der Raum. Bewegt man sich als Betrachter auf Objekte von Werth zu, werden die verschiedenen Perspektiven, die verschiedene Formen assoziieren lassen, bewusst, als wäre der Raum kartografiert, als sei die quadratische Anordnung des Raumes aus dem Wissen um die Formsprache ebenso gesetzt wie das Objekt selbst.
In dem Oszillieren und Changieren und Vereinen verschiedenster Formen in einem Objekt, lotet Denise Werth ständig Grenzen aus. Die Formen sind nicht ruhig, sondern beinhalten Konflikte, unterschiedliche Fliegkräfte, die von innen heraus an der Arbeit reißen. Mit jeder Ausstellung und mit jeder Arbeit versucht Denise Werth auch sich selbst herauszufordern.
In ihrer zweiten Ausstellung im La Felce behandelt sie Wut, die aufsteigt, die zum Kochen gebracht wird, die vorm Überlaufen steht, die sich kurz vorm Platzen befindet. Es geht um den Moment, in dem eine Situation kippen könnte, die Energie, die etwas verändern könnte, aber auch nicht muss. Denise Werths Titel sind immer Verweise auf die ungeordneteren, deskriptiveren und offeren Narrative, aus derer sie die Arbeiten entwickelt. Mit dem Ausstellungstitel „Keep your hair on“ beschreibt sie den Schwellenmoment, dem man einer Energie folgt oder nicht, in der man etwas beisammen hält oder es vor dem auseinanderfallen ist. Mit Haaren als sehr organischem Stoff der sich als Gegenpol zu den Lacken, Kunststoffen, Gips und MDF ihrer Arbeiten verhält, integriert sie den Ursprung der Form als Artefakt in einem der Objekte – auch als ein Verweis auf die unmittelbare Körperlichkeit des Schaffensprozess. Es wird jedoch nicht wirklich materialisiert, sondern nur auf dem Display sichtbar, das dem Objekt wie eine Prothese angehängt wird. Der Körper der neueren Plastiken von Denise Werth werden um das Digitale erweitert und produziert nun neue Formen und Räume, in die man eindringen kann. Eine der Oberflächen, auf der Denise Werth mit ihren Arbeiten reagiert, wird nun zurückintegriert, um sich selbst zu erweitern. Denise Werths Formen, die nun das La Felce füllen, sind nur in der Nahen Betrachtung zu entschlüsseln, was am Ende erkennbar wird, bleibt aber dennoch dem Betrachtenden überlassen.